Fachartikel zum Thema Glas

Eine kleine Glaskunde unter Berücksichtigung farbiger, geschliffener Überfangscheiben

Sie erinnern uns an unsere Kindheit, diese farbigen kleinen Scheiben, in den Sprossenfenstern alter Häuser. Die erste Fertigung dieser Scheiben, die als Friesenecken, Überfanggläser oder auch Gernheimer-Scheiben bekannt geworden sind, fand in den Glashütten des frühen 19. Jahrhunderts statt. Sie wären in unserem Kulturraum unbekannt geblieben ohne den Glaser, der sie einsetzte, und ohne den Tischler, der den Sprossenrahmen herstellte.

Farbverglasungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts

1979 habe ich über Glasmalerei im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Deutschland – insbesondere in bürgerlichen Wohnhäusern – promoviert, obwohl es damals eigentlich ein sehr unglücklicher Zeitpunkt war, um sich in der Bundesrepublik mit einem solchen Thema zu beschäftigen. Nach den gewaltigen Zerstörungen, die dieser fraglos fragilste aller Kunstzweige im Zweiten Weltkrieg besonders schlimm erlitten hatte, ging nun, in der sogenannten Wiederaufbauphase, eine zweite Welle der Vernichtung über einen Großteil der noch verbliebenen bescheidenen Reste hinweg. Das war nicht nur im profanen Bereich so, der hauptsächlich Thema dieses Beitrages ist, sondern gerade auch in kirchlichen Bauten, wo sich noch erstaunlich viele Glasmalereien des angesprochenen Zeitalters erhalten hatten.

Glas im Bauwesen

Wann die Menschen das erste Mal Glas zum Verschließen von Gebäudeöffnungen verwendeten, kann zeitlich nichtgenau bestimmt werden. Der Wunsch nach einem durchsichtigem Material ist sehr alt, doch konnte er lange Zeit garnicht oder nur unvollkommen erfüllt werden. Im Altertum mußten Pergamente oder geölte Leinwände für die kleinen Fensteröffnungen ausreichen. Bis zum fünften Jahrhundert verwendete man in der Regel dünngeschliffenen Marmor oder Alabaster. Obwohl einige Funde im italienischen Raum die Fensterglasherstellung für das vierte und fünfte Jahrhundertbelegen, wurden dort Fenster wegen des enormen Aufwandes – von der Schmelze bis zum anschließenden Dünn- und Planschleifen der Flachgläser – noch im sechsten Jahrhundert nur sehr selten verwendet.

Maschinengezogenes Fourcaultglas - die Wirkung auf das authentische Erscheinungsbild denkmalgerechter Fenstersanierungen

Mit Erfindung der Glasmacherpfeife ca. 250 vor Christus konnten die ersten Glasschmelzen durch Blasen zu größeren Gefäßen mit unterschiedlichen Dicken und Formen umgeformt werden.
Ursprünglich erfolgte die Verwendung von Flachglas als sicht- und lichtvermittelnder Raumabschluss in Bauwerksöffnungen nur in Thermen und Museen. Das älteste verglaste Fenster, eine kleine 13 cm Rundscheibe in einem Bronzerahmen, stammt aus den Forumsthermen von Pompeji ca. 60 vor Christus. Seit etwa 800 Jahren wird Fensterglas geblasen. Ziel der Fensterglasproduzenten war es immer, ein ruhiges, gleichmäßiges, fehlerfreies und helles Glas herzustellen. Durch Sortierung wurden schon immer Qualitäten selektiert und entsprechend der jeweiligen ökonomischen Situation am Bau vermarktet.

Vom Wert historischer Fenster

Mit der Glasmacherpfeife veränderte sich das technisch Machbare nachhaltig. Die Scheiben konnten in größeren Flächen und kostengünstiger hergestellt werden. Nun wurden sie für den Profanbau verwendet. Belichtung war damit auch bei schlechtem Wetter möglich. Noch immer war die Scheibe als Festverglasung ausgeführt und die Belüftung mittels Laden gegeben. Mit Butzen-, Mond- und Zylinderglas konnte man Flächen realisieren, die den Ausblick nach draußen ermöglichten, ohne das Fenster zu öffnen. Große Scheiben wurden zum Statussymbol, mit dem der Hausbesitzer seinen Wohlstand zeigen konnte. Kleinere Fenster mit Sprossen waren für den schmaleren Geldbeutel schon Luxus.