Neue Denkmalfenster für Fachwerkhaus in Sipplingen am Bodensee

In Sipplingen am Bodensee wird seit dem 13. Jahrhundert nachweislich Wein angebaut. Um 1700 stieß das Siedlungswachstum im Ort an seine Grenzen, denn der ertragreiche Weinbau sorgte für einen starken Zuzug in die Gemeinde. Auf kleinen Parzellen standen viele Gebäude eng nebeneinander und waren entsprechend dicht bewohnt.

Diese Situation brachte den charakteristischen Haustyp des Einhauses mit sich, bei dem der Wohnbereich im Obergeschoss klar getrennt vom Wirtschaftsbereich im Erdgeschoss war. So wie bei dem ehemaligen Rebmannhaus Eckteil 24, das sich im Sipplinger Oberdorf mit dem nördlichen Giebel zur Straße steht.

Seit 1984 ist steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Im Rahmen einer dendrochronologischen Untersuchung stellte sich heraus, dass der erste Bauabschnitt des Hauses bereits im Jahr 1662 errichtet wurde. Nur kurze Zeit später 1680 wurde das Haus auf die heutige Größe erweitert. Das Rebmannhaus zählt damit zu den ersten Gebäuden Sipplingens, die nach dem zehrenden Dreißigjährigen Krieg gebaut wurden.

Zweimal beantragten die früheren Eigentümer den Abriss des Gebäudes, mit der Begründung, dass es ihnen wirtschaftlich nicht zuzumuten sei den Bau zu erhalten. Beide mal legten die zuständigen Denkmalbehörden mit Erfolg Widerspruch ein, bis sich 2013 ein Interessent fand, der das Haus von Grund auf und denkmalgerecht sanieren wollte. Mittlerweile war das Haus in einem so schlechten Zustand, dass es einsturzgefährdet war und durch Dach und Decken Wasser eindrang. Nach dem Verkauf musste es deshalb erst einmal notgesichert werden. Teile der wertvollen Bausubstanz wie Deckenverkleidungen wurden ausgebaut und für spätere Verwendung eingelagert. Dann begann die aufwendige, vierjährige Sanierung.

Die Raumaufteilung im Erd- und Obergeschoss beließen die neuen Eigentümer wie gehabt. Lediglich die Nutzung sollte sich ändern. Aus dem früheren Kelterraum im Erdgeschoss entstand ein besonderer Wohnraum mit hohen Decken, Stampflehmboden und direktem Zugang zum reich bepflanzten Garten. Im Obergeschoss wurde die Sommerstube samt historischem Ofen aus dem 19. Jahrhundert wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt. Eine Besonderheit war die Oberfläche der Wandtäfer. Sie waren im Farbton „ultramarinblau“ bestrichen, der nachweislich erst seit 1830 herstellbar ist.

Behutsam planten die neuen Eigentümer das Fensterkonzept. Viele der sprossengeteilten, einfachverglasten Fenster des 19. und frühen 20. Jahrhunderts konnten restauriert werden. Mit sehr zierlichen Innenvorfenstern wurden diese zu Kastenfenstern umgewandelt. Das Zusammenspiel aus neuen und historischen Fenstern bietet so optimale Wärme- und Schallschutzwerte.

Das Dachgeschoss wurde ausgebaut und mit vier neuen Schleppgauben versehen, die bewusst auf die Sparrenbereite angepasst wurden. Dadurch konnte ein Eingriff in die historischen Balken des Dachstuhles vermieden werden. Nach außen öffnende Fenster mit aufliegendem Stangengetriebe zieren die Gauben fortan. So entsteht mehr nutzbarer Wohnraum und das Abräumen der Fensterbank beim Stoßlüften entfällt.

Fachwerk im Giebel zu verglasen ist ein sehr sensibles und strittiges Thema in der Denkmalpflege. Oft entstehen dabei nicht reversible Schäden an der Bausubstanz. Auf Anraten von PaX Classic entschied sich die Bauherrschaft deshalb für einen sehr behutsamen Weg. Hinter dem Giebel wurde ein dreiflügeliges Fensterband eingebaut. Die Holzbalken als auch die gefüllten Gefachungen wurden nicht angetastet, denn einige Fächer waren bereits leer oder mit Klappen versehen.

Die Sanierung des Hauses wurde vom Land Baden-Württemberg mit einer Summe von 160.000 Euro aus dem Förderprogramm „Instandsetzung leerstehender Kulturdenkmale in dörflichen und kleinstädtischen Ortskernen“ unterstützt. Das Projekt wurde mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg 2020 ausgezeichnet.          

Ausstattung
Denkmalschutz
Einbruchschutz
Profil
Retro58
Holzart
Eukalyptus
Adresse

78354 Sipplingen
Deutschland

Jahr
2020