Fenster in historischen Gebäuden und im üblichen Gebäudebestand

Die alte Fenstertechnik hatte im Zusammenhang mit den traditionellen Bauausführungen – vor etwa 1970 war das die Regel – den Vorteil, dass eine Raumluftqualitätssicherung und ein Feuchtesicherheitsventil vorhanden war: das »Bautenschutzfenster « (vgl. Abb. 1). Die alte Fenstertechnik bestand im Regelfall aus Holzrahmen (Blend- und Flügelrahmen), welche recht dichte Falzausbildungen besaßen, die aber nicht absolut luftdicht waren und damit eine passive Raumluftfeuchteanpassung an das Außenklima herstellten.

Zudem war eine Einfachverglasung typisch. Die Einfachverglasung fungierte als Raumluftfeuchteregulator insofern, dass Luftfeuchtigkeitsspitzen temperaturabhängig entweder durch Tauwasserbildung oder auch durch Eisblumenbildung auf der Verglasung bedämpft und damit reduziert wurden. Eine bautechnisch günstige Raumluftfeuchtebeeinflussung bewirkte der sehr geringe Wärmeschutz – durch den höchsten möglichen U-Wert – bei der Verglasung, so dass andere Bauteilebereiche wärmetechnisch immer besser waren als die Verglasung. Ein früher üblicher temporärer Wärmeschutz in Form von Vorhängen, Gardinen und Schabracken bewirkte, dass durch »Temperaturteilerwirkungen« eine Verbesserung für das thermische Raumklima einschließlich Energieeinsparung bewirkt wurde und zudem die »Kondensatorwirkung« des Fensterglases, zur Minderung der Raumluftfeuchtespitzen, noch effektiver wurde. Diese Fenster waren mit einer innenliegenden Entwässerung ausgestattet, weil Tauwasser gelegentlich auch stärker abfloss.

Bei lackierten Fensterrahmen und gekälkten bzw. holzverkleideten, lackierten Leibungen traten Schimmelpilze nicht auf, wenn eine übliche Reinigungssituation gegeben war. Die Gebäude blieben insgesamt und praktisch auch unabhängig von der Beheizung schimmelpilzfrei. Dies natürlich auch deshalb, weil die Wände Kalkputze mit Deckschichten aus Kalkschlemmen bzw. Tapeten oder Anstriche besaßen, welche fungizid wirkten bzw. stark fungizid ausgerüstet waren. Im Hinblick auf bauübliche Feuchte-Lastfälle war dies – zumindest bei den früher üblichen Gegebenheiten – auch notwendig. Kritische Feuchte-Lastfälle sind die Neubaufeuchte, Feuchtebelastungen bei späteren Umbaumaßnahmen oder auch eine höhere aber normale außen- und innenraumklimabedingte Luftfeuchtigkeit, welche typischerweise zwischen Mai bis August in Deutschland durch Luftmassenströme von wärmeren Meeresgebieten aus südlichen bis südwestlichen Himmelsrichtungen auftreten.
Ohne fungizid wirkende Mittel, lackierte Oberflächen oder Ähnliches waren und sind in Keller- und Erdgeschossräumen Schimmelpilzbildungen im Allgemeinen wegen der »Wärmeträgheit « sowie der geringeren solaren Einwirkungen und sowieso in gewissen Leeseiten-Räumen nicht oder kaum zu verhindern (Abb. 2, 3). Wobei eine erhöhte Belüftung, wie dies nach DIN 1946 vorgesehen ist, die Schwierigkeiten in derartigen Räumen noch erheblich vergrößern kann. Große oder kleine Nutzungseinheiten, welche nach DIN 1946 lüftungstechnisch unterschiedlich bewertet werden können (vgl. Abb. 4), hatten in einer Unzahl von betrachteten sowie bewerteten Problemfällen mit funktionierenden Verbesserungsmaßnahmen und ohne Lüftungsempfehlungen seit Mitte der siebziger Jahre praktisch keine Bedeutung.

Die alte Wohnbausituation war typischerweise auf einem Niedrigenergiehausniveau, weil nur wenige Räume, die Wohnküche und die gute Stube nur am Jahresende und -beginn, beheizt wurden. Die Belüftungsbedingungen waren durch eine gewisse Luftdurchlässigkeit der Fensterfugen und durch die Feuerstätten in den Wohnräumen – mit Kamin – sehr günstig. Im Normalfall entstand auch kein besonders hoher Heizenergieaufwand für das Gesamtobjekt, obwohl keine Wärmedämmschichten im heutigen Sinne und auch keine komplizierte Haustechnik vorhanden war.

Autor
Prof. Dr.-Ing. Lothar Siebel
Datum
24.05.2016 - 13:51